Iwano-Frankiwsk

Iwano-Frankiwsk liegt östlich der ukrainischen Karpaten und stellt einen guten Ausgangspunkt für Touren in die Berge dar. Bei klarem Wetter ist es von hier auch möglich, die höchsten Berge der Karpaten zu sehen. Während der Befreiungskriege gegen Polen unter Chmelnyzkyj wurde eine Festung in der Nähe des Dorfes Sobolotiv erbaut. Die Festung gewährte Schutz, und so entwickelte sich schnell ein Handelsplatz. 1662 erfolgte die Stadtgründung durch den polnischen Gutsbesitzer Andre Potocki, der die Stadt nach seinem Sohn Stanislau nannte. Das Magdeburger Recht wurde ein Jahr später als Stadtrecht verliehen. Hier siedelten viele Armenier und Juden. In der Zeit der Zugehörigkeit zu Österreich, vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts, war ein Aufschwung in der Stadt zu verzeichnen, und das Stadtbild wurde entscheidend geprägt. Der Name der Stadt wurde einfach eingedeutscht zu Stanislau. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Stadt wenige Monate lang Regierungssitz der Westukrainischen Volksrepublik, bevor sie bis 1939 wieder polnisch wurde. Im Jahre 1939 lebten hier 41 Prozent Juden, 37 Prozent Polen, 19 Prozent Ukrainer und 3 Prozent Deutsche; 20 Jahre später waren es 67 Prozent Ukrainer und 25 Prozent Russen.

In sowjetischen Zeiten erfolgte eine starke Industrieansiedlung, vor allem auch Rüstungsgüter wurden hier produziert. Die Einwohnerzahl wuchs schnell und liegt jetzt bei 250000. Zur 300-Jahr- Feier 1962 erfolgte die Umbenennung in Iwano-Frankiwsk.[/tab] [tab name=’Stadtzentrum‘]

Stadtzentrum

In dem kleinen Stadtzentrum, welches man bequem zu Fuß durchstreifen kann, gibt es einige Kirchen und Häuser aus der Blütezeit der Stadt im 18. Jahrhundert und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Fußgängerpromenade, die vul. Nezaleznosti (Незалежності), ist Treffpunkt, Laufsteg, Shoppingmeile und der Ort einiger Kneipen und Cafés. Ein modernes Gebäude im konstruktivistischen Stil fällt besonders auf, es handelt sich um die Hauptpost aus dem Jahr 1938. Ansonsten vermittelt die Flaniermeile eher eine ruhige, durchaus angenehme Atmosphäre.

Der Marktplatz wird vom Rathaus dominiert. Der vom Konstruktivismus beeinflusste Bau von 1927 ist wegen des stufenförmigen Zentralturmes weithin zu sehen. Auffällig ist weiterhin der kreuzförmige Grundriss. Im Rathaus ist auch das Heimatmuseum mit Ausstellungen zur Alten und Neuen Geschichte, Volkskunst und Naturkunde untergebracht. Außerdem ist hier die Touristen-information zu finden.

Östlich vom Marktplatz ist die armenische Kirche (Вірменський Собор) zu sehen, sie liegt in dervul. Virmens’ka 6 (вул.Вірменська) und wurde in den Jahren 1742 bis 1762 im Barockstil erbaut. Jetzt wird sie von der ukrainisch-orthodoxenautokephalen Kirche (UAOK) genutzt; in sowjetischer Zeit diente sie als Atheismus-Museum.

In westlicher Richtung vom Marktplatz aus liegt der Majdan Septyc’koho (Майдан Шептицького), benannt nach dem Metropoliten der griechisch-katholischen Kirche. Als erstes stößt man auf die Auferstehungskathedrale (Катедральний Собор Святого Воскресіння). Das barocke Gebäude wurde von 1753 bis 1763 als Jesuitenkirche erbaut und ging dann in den Besitz der unierten Kirche über. Seit 1885 befand sich hier der Sitz eines Episkopats. Der dritte Bischof residierte nur von 1899 bis 1901 und wurde dann Metropolit in L’viv: A. Septyc’kyj. An ihn erinnert neben dem Eingang eine große Gedenktafel. In der Zeit des Verbotes der unierten Kirche wurde das Gebäude durch die russisch-orthodoxe Kirche genutzt. Seit dem 28. Januar 1990 versammelt sich wieder die unierte Gemeinde in der Kathedrale. Der reich vergoldete, hohe und mit schönen Ikonen geschmückte Ikonostas gilt als beeindrukkendes Beispiel der religiösen ukrainischen Kunst.

Nach Norden schließt sich das eher unscheinbare zweietagige Jesuitenkollegium an, in dem jetzt der Lehrstuhl für Anatomie des Medizinischen Institutes untergebracht ist. Nachdem die Jesuiten vertrieben woden waren, befand sich hier ab 1784 das deutsche Gymnasium. Daneben steht die römisch-katholische Gemeindekirche mit kleineren Türmen, aber einer betonten Eingangsfassade. Das Bauwerk wurde als Stanislauer-Kollegium 1673 bis 1703 errichtet. Die Wandmalereien stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ein Jahrhundert früher entstanden die Barockskulpturen. Nach einer umfangreichen Renovierung 1993 sind nun sakrale Kunstwerke zu sehen.

In der nächsten Querstraße in nördlicher Richtung, der vul. Novhorodska (вул.Новгородська), ist die älteste ukrainische Brauerei aus dem Jahr 1767 zu sehen. Auch heute wird hier noch ein gutes Bier gebraut. Südlich der Kathedrale beginnt die vul. Bel’veders’ka (Бельведерська). In der Zeit der deutschen Besetzung begann hier das jüdische Ghetto. Tausende Juden wurden hier umgebracht.

Etwa eineinhalb Kilometer südwestlich vom Zentrum liegen ein schöner Park und ein See. Auf einem Spaziergang dorthin können in der Sevcenko-Straße (Шевченка) einige Villen aus der Zeit vom Anfang des 20. Jahrhunderts bewundert werden. Diese Straße ist eine der ältesten der Stadt und galt schon immer als die schönste. Die vul. Sevcenka 1 beherbergte früher das Hotel „Österreich“, das heutige Haus des Volkes. Hier fanden die Sitzungen der Westukrainischen Nationalversammlung (Parlament der Westukrainischen Republik) statt. Am 2. Januar 1919 kam es hier zur Zustimmung zur Vereinigung mit der Ukrainischen Volksrepublik. Das eher unscheinbare Gebäude Nr. 18 war das Wohnhaus der unierten Bischöfe. In der Nr. 20 befand sich bis 1939 die jüdische Gesellschaft „Goldfaden“ benannt nach dem jüdischen Dramatiker A. Goldfaden (1840-1908). Das erste ukrainische Gymnasium befand sich im Haus Nr. 44 und wurde 1908 eingerichtet. Im Hotel „Dnister“ (Дністер, früher Hotel „Odessa“) hatte 1919 die Regierung der Westukrainischen Republik ihren Sitz. E. Petruzevyc und L. Bachynski arbeiteten in diesem Gebäude, aber auch Politiker aus Kiev wie M. Hrusevs’kyj und S. Petlura kamen zu Besuch.

Auch Ivano-Frankivs’k hat ein »Weißes Haus«, in der vul. Hruievs’koho 21 (Грушевського) sitzen die örtliche Verwaltung und einige Zeitungsredaktionen. Das etwas überdimensioniert wirkende Gebäude wurde in den 1980er Jahren erbaut und weist einen abgerundeten dreieckigen Grundriss auf. Das Denkmal vor dem Bauwerk besteht aus zwei Skulpturen und einer Stele. Auf dieser befand sich bis 1990 ein Leninrelief. Die Skulptur links symbolisiert die Vereinigung der Westukraine mit der Ukrainischen Volksrepublik und die rechte den Widerstand gegen die Diktatoren Hitler und Stalin.

Unschwer ist auch das Theater in der vul. Nezaleznosti 42 als Bauwerk aus den 1980er Jahren zu erkennen. Davor steht ein großes Denkmal für Ivan Franko, den Namensgeber der Stadt.

Auf dem freien Platz vor dem Hotel „Nadija“ stand die nach dem Kriege von den Sowjets zerstörte evangelische Kirche. Die Parkanlage hinter dem Hotel befindet sich an der Stelle des eingeebneten deutschen Friedhofes.
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