Karpaten Biospharenreservat

[tab name=’INTERNATIONALE ANERKENNUNG‘] Zu den grossen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gehören der Schutz der Artenvielfalt (Biodiversität) und die nachhaltige Nutzung der natürlichen Lebensgrundlagen (Ressourcen). Der Zweck von Biosphärenreservaten ist es, diese beiden Ziele zu verknüpfen und beispielhaft umzusetzen. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) anerkennt Biosphärenreservate nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Das Karpaten-Biosphärenreservat (Carpathian Biosphere Reserve CBR) hat diese Anerkennung 1992 erhalten. In der Ukraine existieren fünf weitere Biosphärenreservate, wobei das stkarpaten-Biosphärenreservat, das gemeinsam mit Polen und der Slowakei aufgebaut wird, ebenfalls in Transkarpatien liegt.

Das Karpaten-Biosphärenreservat ist eines der grössten Naturschutzobjekte der Ukraine und im Reservat sind alle Natur- und Klimazonen der ukrainischen Karpaten vertreten: sowohl die für das Gebirgsvorland charakteristischen Ebenen als auch die subalpinen und alpinen Zonen. Mit 170 m ü.M. liegt der tiefste Punkt im Narzissental. Der höchste Punkt fällt mit dem öchsten Berg der Ukraine, dem 2061 m hohen Howerla, zusammen. Nach mehreren Erweiterungen beträgt die gesamte Fläche 53630 Hektaren (Stand Ende 2002). Sämtliches Land befindet sich in staatlichem Besitz, ist jedoch unterschiedlichen Ministerien oder Verwaltungseinheiten zugeordnet. Der grösste Teil der Fläche (32000 Hektaren) fällt in die Verantwortung des Ministeriums für Ökologie und Natürliche Ressourcen und wird direkt von der Administration des Biosphärenreservates betreut. Über 80 Prozent der Fläche des Biosphärenreservates sind bewaldet. Die restlichen Flächen werden landwirtschaftlich genutzt.

Gliederung des Biosphärenreservates
Fünf geographische Gebiete (sogenannte Massive) und drei Naturschutzgebiete bilden usammen das Biosphärenreservat. Die Massive Tschornohora, Swydowez, Kusij und Marmarosch liegen im Südosten des Landes in der näheren Umgebung von Rachiw, wo sich auch das Verwaltungszentrum und das Museum des Biosphärenreservates befinden. Das Massiv Uholka-Schyrokyj Luh – bekannt durch die grössten Buchen-Urwälder Europas – befindet sich nordöstlich der Stadt Chust. Die Massive sind administrativ in traditionelle Förstereien (Reviere) gegliedert. Die drei Naturschutzgebiete sind flächenmässig bedeutend kleiner als die Massive. Das bekannteste ist das Narzissental, das unmittelbar vor den Toren der Stadt Chust liegt und speziell bewirtschaftet wird, um eine der grössten arzissenpopulationen Europas zu erhalten (siehe auch Seite 53). Schliesslich gehören zum Biosphärenreservat auch die beiden im Jahre 1974 gegründeten botanischen Schutzgebiete Tschorna Hora und Juliwska Hora in der Nähe von Wynohradiw.

Schutz- und Nutzungszonen
Das Gebiet des Karpaten-Biosphärenreservates ist in vier Funktionszonen eingeteilt, was einer Erweiterung des Unesco-Zonenkonzeptes entspricht. Die Kernzone beträgt 16505 Hektaren und macht 31 Prozent der gesamten Fläche aus. In dieser Zone steht der Schutz der Natur im Zentrum; es finden keine weiteren Nutzungen statt. Die Pufferzone umfasst 15047 Hektaren (28%) und die Zone der anthropogenen Landschaften oder traditionellen Wirtschaftstätigkeit 18810 Hektaren (35%). Zusätzlich zu diesen drei von der Unesco vorgeschriebenen Zonen wurde im Karpaten-Biosphärenreservat eine vierte Zone geschaffen, die mit «reguliertem Schutz» umschrieben wird. Diese Zone beträgt 3268 Hektaren (6%) und umfasst Gebiete, die periodisch menschlichen Einflüssen ausgesetzt sind. Dazu zählen Wanderwege durch die Kernzone sowie Weiden, Waldlichtungen und Gebiete mit Pflegemassnahmen innerhalb der Kernzone. Das Narzissental und die beiden botanischen Schutzgebiete Tschorna Hora und Juliwska Hora gehören ebenfalls zur Zone des regulierten Schutzes.

Die meisten Flächen, die heute die Kernzone des Karpaten-Biosphärenreservates bilden, sind während des 20. Jahrhunderts unter Schutz gestellt worden. 1968 wurde vom Ministerrat der Ukraine eine Fläche von rund 12 600 Hektaren als staatliches Naturschutzgebiet (Karpaten-Schutzgebiet) ausgeschieden und mehrmals erweitert. Bei einigen Ökosystemen geht der Schutz noch weiter zurück. So schuf die Ungarische Forstdirektion während der Herrschaft Österreich-Ungarns eine Schutzzone am Berg Pop Iwan im Marmaroschgebiet. Im Jahr 1914 wurde eine Fläche an der Flanke des Howerla im Tschornohora-Massiv unter Schutz gestellt und die Tschechoslowakische Regierung schützte 1935 die ersten Buchen-Urwälder in Uholka.

Europa-Diplom für Geschützte Landschaften
1997 erhielt das Karpaten-Biosphärenreservat das Europa-Diplom des Europarates zugesprochen. Das Diplom wird nach einer Begutachtung vor Ort an geschützte Landschaften mit einer biologischen, geologischen oder landschaftlichen Vielfalt von europäischer Bedeutung verliehen. Alle fünf Jahre muss das Diplom erneuert werden. Dies trägt dazu bei, dass die ökologischen Anstrengungen weitergeführt werden.
[/tab] [tab name=’ZIELE UND KÜNFTIGE ENTWICKLUNG‘] Laut Gesetz der Ukraine soll im Karpaten-Biosphärenreservat die Natur geschützt und Wissenschaft betrieben werden. Es soll ein Modellgebiet für die nachhaltige Entwicklung sein und hat – entsprechend den Unesco-Richtlinien für Biosphärenreservate – folgende

Aufgaben zu erfüllen:
1. Schutz und Überwachung der Ökosysteme,
2. Organisation und Durchführung wissenschaftlicher Forschungsprojekte,
3. Umweltbildung und Förderung des Ökotourismus.

Die Direktion des Biosphärenreservates ist dem Ministerium für Ökologie und natürliche Ressourcen der Ukraine unterstellt. Der Personalbestand des Biosphärenreservates zählt etwa 350 Mitarbeitende; das Verwaltungszentrum befindet sich in Rachiw. Die Finanzierung erfolgt aus dem staatlichen Budget der Ukraine.

Zentrum für Forschung und Ausbildung
Das Biosphärenreservat betreibt eine Forschungseinheit mit rund 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Botanik, Zoologie, Phänologie/Meteorologie, Waldbau und Geographische Informationssysteme bilden die Forschungsschwerpunkte. Zahlreiche ukrainische Studierende der Hochschulen von Uschhorod, Lwiw (Lemberg), Iwano-Frankiwsk und Kiew absolvieren im iosphärenreservat ihre Praktika. Das Reservat ist auch bei vielen in- und ausländischen Forschungsinstituten als «Naturlabor» beliebt. Seit 1997 werden jährlich internationale wissenschaftliche und praktische Tagungen durchgeführt, wobei Themen wie Management von Schutzgebieten, Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung von Bergregionen im Vordergrund stehen.

Zu den zentralen Aufgaben zählen auch Umweltbildung und die Information der Bevölkerung. Je besser das Biosphärenreservat bei der lokalen Bevölkerung verankert ist, desto einfacher kann es sich auch weiterentwickeln. Immerhin leben in über 20 Siedlungen etwa 70 000 Menschen in unmittelbarer Nähe des Biosphärenreservates. Seit 1994 erscheint die populärwissenschaftliche Zeitschrift «Grüne Karpaten», die ökologische Themen aufgreift.Sehr beliebt sind auch die jährlich stattfindenden Zeltlager, die längst nicht mehr nur von Jugendlichen aus der Region, sondern aus der ganzen Ukraine besucht werden.

Zurzeit laufen verschiedene Erweiterungs-projekte, welche die Gesamtfläche des Biosphärenreservates um weitere 10000 Hektaren vergrössern sollen. In Zusammenarbeit mit Rumänien wird die Schaffung eines ukrainisch-rumänischen Biosphärenreservates «Die Berge von Marmarosch» angestrebt. Neue Impulse gehen auch von der länderübergreifenden Karpatischen Ökoregion-Initiative aus, bei der Mitarbeitende des Biosphärenreservates aktiv mitwirken.

[/tab] [tab name=’NUTZUNGSKONFLIKTE‘] In den Kernzonen des Biosphärenreservates ist jede wirtschaftliche Tätigkeit untersagt. Es ist die Aufgabe der Mitarbeitenden des Reservates, diese Bestimmungen in den einzelnen Reservaten auch durchzusetzen. In der Pufferzone und der Zone der anthropogenen Landschaften findet hingegen Holznutzung statt, allerdings unter strenger behördlicher Aufsicht. Trotzdem kommt es gelegentlich zu lokalem Holzfrevel. Zum Schutz der Reservate vor grösseren Übergriffen werden nachts die Zufahrtsstrassen gesperrt. Über 10000 Schafe und rund 1000 Kühe weiden auf den Flächen des Biosphärenreservates und gelegentlich überschreiten die Herden die ihnen zuge – wiesenen Zonen. Das Problem der Beweidung stellt sich auch an der Waldgrenze. Dort sind es Hirten, die mit ihren Herden seit Jahr – hunderten über die Bergrücken der Karpaten ziehen.

Emissionen aus Industrieanlagen spielen eine untergeordnete Rolle, weil die meisten Gebiete fernab von Industriezentren liegen. Ausnahmen bilden das Narzissental (Stadt Chust), das Reservat Kusij, wo sich 10 Kilometer entfernt ein Chemiewerk befindet, sowie das botanische Schutzgebiet Tschorna Hora (Stadt Wynohradiw). Zur Erforschung der Wirkung von Luftschadstoffen steht dem Biosphären-reservat ein Chemielabor zur Verfügung.

Chancen und Risiken des Tourismus
Angesichts der schwierigen ökonomischen Verhältnisse sind viele Familien auf wildwachsende
Früchte, Beeren und Pilze angewiesen –Selbstversorgung wird zur Überlebensstrategie. Eine neue Einnahmequelle für die lokale Bevölkerung ist jedoch der Ökotourismus. Dieser könnte der Region wichtige Impulse verleihen und den Druck auf die natürlichen Ressourcen verringern. Schon heute besuchen jährlich 80000 Menschen das Biosphärenreservat. Vor allem die attraktiven Bergwanderungen und die Urwälder locken zunehmend auch Besucher aus dem Westen nach Transkarpatien. Um die negativen Auswirkungen auf die Natur möglichst gering zu halten, versucht man die Besucherströme zu lenken. Ein Netz von rund 20 ökologischen Lehrpfaden führt durch die attraktivsten Gebiete der Region; entlang der Wanderwege befinden sich Informationstafeln sowie Erholungseinrichtungen und Übernachtungsmöglichkeiten. Strenge Regeln gelten jedoch für die Kernzonen: Ohne Bewilligung der Direktion des Biosphärenreservates ist der Zutritt zu diesen Zonen – mit Ausnahme einiger Wanderwege und ökologischer Lehrpfade, die im hinteren Teil des Buches beschrieben sind – nicht erlaubt.

[/tab] [tab name=’ERHOLUNG UND TOURISMUS‘] Naturkundliche und kulturelle Sehenswürdigkeiten, reine Gebirgsluft, sauberes Quellwasser, malerische Landschaften und gastfreundliche Leute – das Karpaten-Biosphärenreservat verfügt über ein grosses Potenzial für den Ökotourismus. Im Narzissental, am Fusse des Berges Howerla, zwischen den Revieren Tschornohora und Swydowez sowie beim Zentrum Europas südlich von Rachiw sind neue Informationszentren für Besucherinnen und Besucher im Bau. Umfassende Informationen sind beim Sitz des Biosphärenreservates in Rachiw erhältlich, wo sich auch das «Museum für Gebirgsökologie und Geschichte der Naturnutzung in den Ukrainischen Karpaten» befindet.

Narzissen so weit das Auge sieht
Mit Abstand am meisten besucht wird das Narzissental. Von den Flächen des Biosphärenreservates ist es das einzige Gebiet, das in der Tiefebene liegt. Es befindet sich auf etwa 170 m ü.M. bei der Ortschaft Kireschi am Stadtrand von Chust. Das Narzissental umfasst 256 Hektaren und ist seit 1978 Naturschutzgebiet. Ein Besuch lohnt sich vor allem Ende April und Anfang Mai, wenn die Narzissen blühen. Den Namen bekommen hat das Tal von der Stern-Narzisse, die hier auf rund 100 Hektaren wächst. Es handelt sich damit um den grössten europäischen Bestand von Stern-Narzissen in Tieflagen.

Die Narzisse ist eine mitteleuropäische Gebirgspflanze, die in den Ostkarpaten die Ostgrenze ihres Verbreitungsgebietes erreicht. In der Regel findet man die Narzissen erst über 1000 m ü.M.; ein gehäuftes Tal-Vorkommen wie im Narzissental ist aussergewöhnlich und nur durch die besondere Vorgeschichte zu erklären. Vermutlich kommen die Narzissen in der transkarpatischen Ebene seit der Eiszeit vereinzelt vor, und zwar in den ursprünglichen lichten Eichenwäldern. Bei der Besiedlung wurden die Wälder gerodet und an deren Stelle traten feuchte und nasse Wiesen. Diese sekundären Wiesen wurden über lange Zeit als Heuwiesen und Weiden genutzt. Dies hat dazu beigetragen, dass die Narzissen zur Dominanz gelangen konnten und das ganze Tal danach benannt wurde. Die Schutzbestimmungen legen heute fest, dass die Heumahd erst nach der Samenreife der Narzissen erfolgen darf.

Beeindruckende Artenvielfalt
Das Narzissental ist aber nicht nur der Narzissen wegen berühmt. Hier kommen auch andere seltene Pflanzenarten vor, die auf der Roten Liste der Ukraine stehen. So zum Beispiel die Grosse Sterndolde (Astrantia major), Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), Her bist krokus (Crocus banaticus), Hundszahn (Erythronium dens-canis), Schneeglöckchen (Galanthus nivalis), Märzenbecher (Leucojum vernum) und eine ganze Reihe von Orchideen-Arten. Hier sind auch Tierarten wie der Teichmolch (Triturus vulgaris) und der Seefrosch (Rana ridibunda) heimisch, die in den anderen Revieren des Biosphärenreservates nirgends vorkommen. Dazu zählen Wachtelkönig (Crex crex), Beutelmeise (Remiz pendulinus), Braunkehlchen (Saxicola rubetra) und Sprosser (Luscinia luscinia), Schlagschwirl (Locustella fluviatilis) und Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus).

Besonders reich sind auch die Schmetterlinge vertreten: Schönheiten wie Admiral (Vanessa atalanta), Tagpfauenauge (Inachis io), Trauermantel (Nymphalis antiopa), Distelfalter (Cynthiacardui), kleiner Weinschwärmer (Deilephilaporcellus), mittlerer Weinschwärmer (Deilephila elpenor) und Postillion (Colias croceus) gehören hier zum Alltag. Auch Schwalbenschwanz(Papilio machaon), Segelfalter (Iphiclides podalirius), Nachtkerzenschwärmer (Proser pinus proserpina) und kleines Nachtpfauenauge (Saturnia pavonia), die auf der ukrainischen Roten Liste stehen, oder Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia), Grosser Feuerfalter (Lycaenadispar rutilus) und Schwarzgefleckter Bläuling (Maculinea arion) sind hier zu beobachten. Angesichts dieser Schmetterlingsvielfalt könnte das Tal der Narzissen ebensogut auch Tal der Schmetterlinge heissen.

Besuch der Urwälder
Was Transkarpatien für Fachleute und Naturfreunde zu einem aussergewöhnlichen Reiseziel macht, sind die Urwälder von Uholka-SchyrokyjLuh. Hier befindet sich mit rund 8000 Hektaren der grösste reine Buchen-Urwald Europas. Diese und andere Urwälder sind jedoch nur beschränkt öffentlich zugänglich. Ein paar Wanderrouten sind im hinteren Teil dieses Buches beschrieben. Bei den lokalen Büros sind die erforderlichen Eintrittskarten erhältlich. Die Büros der einzelnen Reservate habenallerdings kein Telefon, sondern nur Funkverbindung. Es empfiehlt sich deshalb in jedem Fall, vorgängig mit dem Hauptsitz des Biosphärenreservates in Rachiw Kontakt aufzunehmen (Kontaktadresse siehe Seite 178).
Mitarbeitende des Biosphärenreservates bieten in allen Reservatsgebieten naturkundliche Führungen in ukrainischer Sprache an, bei Bedarf mit englischer Übersetzung. Für Transportein unwegsamem Gelände stehen Spezialfahrzeuge mit Fahrer für maximal 20 Personen zur Verfügung. Auf Anfrage besteht auch die Möglichkeit, mehrtägige Führungen mit Verpflegung und Unterkunft zu buchen.

Beliebte Bergwanderungen
Für viele Ukrainer hat der Howerla – es ist die höchste Erhebung im Land – eine besondere Bedeutung. Der Berg ist sozusagen der «ukrainische Fudschijama» und wird jährlich von Tausenden bestiegen. Wer den 2061 m hohen Berg erklimmt, wird mit einer reizvollen Aussicht in alle Richtungen belohnt. Auf dem Gipfel befindet sich die ukrainische Fahne, das ukrainische Symbol, der Dreizack, und ein von einem ehemaligen Bukowiner gestiftetes Gipfelkreuz. Als Ausgangspunkt für den Howerla bieten sich Laseschtschyna, Jasinja und Kwasy an. Diese Ortschaften liegen alle an der Eisenbahnlinie von Iwano-Frankiwsk nach Rachiw. Von Rachiw gibt es zudem eine Busverbindung dorthin.

Bei den Huzulen
In den Ortschaften Rachiw und dem nördlich davon gelegenen Jasinja befinden sich lokale Zentren der Huzulen. Die Strukovs’ka-Kirche in Jasinja gehört zu den wertvollsten Denkmälern der Huzulenarchitektur. Die Kirche heisst so, weil sie von Ivan Struk errichtet wurde, einem huzulischen Hirten, der im 18. Jahrhundert Jasinja gründete. Ebenfalls sehenswert sind die huzulischen Bauernhöfe in Jasinja. Die traditionelle Wohnform ist die Hraschda, bei der das Wohnhaus und die Ökonomiegebäude in einem geschlossenen Geviert um den Innenhof angereiht sind. Bekannt sind die Huzulen auch für ihre volkstümliche Kunst wie Holzschnitzereien, Stickereien, Teppiche und Keramik. Von der gelebten Kultur zeugenauch die verschiedenen Festspiele, die meistens mit lokalen Anlässen verbunden sind. Informationen über die genauen Zeitpunkte dieser Feste erhält man im Informationszentrum des Biosphärenreservates in Rachiw.

[/tab] [tab name=’FORSCHUNGSPARTNERSCHAFT‘] Die Naturwälder in Transkarpatien besser zu verstehen, das ist das gemeinsame Ziel des Karpaten-Biosphärenreservates (CBR) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Seit 1999 besteht eine Forschungskooperation, die den Aufbau eines Netzwerkes zur Förderung und Unterstützung von Forschungsarbeiten in den Naturwäldern Transkarpatiens zum Ziel hat. Damit möchten CBR und WSL dazu beitragen, den Wert und die Bedeutung dieser Wälder aufzuzeigen und den Schutz dieser Naturschätze langfristig sicherzustellen. Die Erkenntnisse aus der Naturwaldforschung sollen zudem in eine naturnahe und nachhaltige Waldbewirtschaftung einfliessen. In einer gegenseitigen Vereinbarung verpflichteten sich die beiden Institutionen, in gemeinsamen Forschungsprojekten auf dem Gebiet der Wald- und Umweltforschung zusammenzuarbeiten, sich gegenseitig den Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen ihrer Sprachregion zu erleichtern, Kontakte zu anderen Forschungsinstituten zu vermitteln und Weiter -bildungsaufenthalte für Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu ermöglichen. Seit Beginn der Zusammenarbeit – die unter anderem auch durch den Schweizerischen Nationalfonds unterstützt wird – haben jedes Jahr drei bis vier Forscherinnen und Forscher des Biosphärenreservates oder anderer ukrainischer Forschungsinstitute einen vierwöchigen Weiterbildungsaufenthalt an der WSL verbracht. Im Gegenzug haben bereits zahlreiche Mitarbeitende der WSL das Karpaten-Biosphärenreservat besucht. In gemeinsamen Projekten werden die Vielfalt und Häufigkeit verschiedener Tier- und Pflanzenarten sowie der Aufbau und die natürliche Entwicklung der Naturwälder Transkarpatiens untersucht und mit naturnah bewirtschafteten Wäldern in der Schweiz verglichen.

Eine ukrainisch-schweizerische Forschungsfläche
In der Nähe des Dorfes Mala Uholka weist eine Tafel auf eine ukrainisch-schweizerische Forschungsfläche hin. Diese liegt im Buchen-Naturwald, umfasst ein Rechteck von 200 auf 500 m (10 Hektaren) und wurde im Frühjahr 2001 angelegt. Eine Beobachtungsfläche von gleicher Grösse besteht auch im Sihlwald, einem Buchenwald in der Nähe von Zürich. Forscher und Forscherinnen des Karpaten-Biosphärenreservates, des Ukrainischen Forschungsinstituts für Bergforstwirtschaft und der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL haben auf beiden Waldflächen alle Bäume, die dicker als acht Zentimeter sind, numeriert und ihre Position exakt vermessen. So kann jeder Baum auf einem Plan lokalisiert und auch im Wald jederzeit wieder aufgefunden werden. Von jedem lebenden und toten Baum ist die Baumart bestimmt, der Stammdurchmesser und die Höhe sowie von den lebenden Bäumen auch die Ausdehnung der Baumkrone gemessen worden. Nützliche Hinweise liefern auch Bodenuntersuchungen sowie Aufnahmen der Sträucher, Kräuter und der jungen Bäumchen. Anhand dieser Daten können die Forscher die Bestandesstruktur, das heisst die räumliche Verteilung der unterschiedlich hohen und dicken Bäume, der Bestandeslücken und Verjüngungsgruppen und des stehenden und liegenden Totholzes genau beschreiben und vergleichen. Die langfristige Beobachtung über mehrere Jahrzehnte wird zeigen, wie die natürlichen Absterbe- und Verjüngungsprozesse ablaufen, wie rasch die Bäume unter bestimmten Bedingungen wachsen und welche Baumarten sich im Konkurrenzkampf durchsetzen. Auch wird man sehen, wie lange es dauert, bis ein umgestürzter Baum oder ein stehender Baumstrunk verrottet ist. Daraus ergeben sich für die Forstleute nützliche Hinweise, wie sich Wirtschaftswälder mit geringerem Aufwand als heute verjüngen und pflegen lassen. Es ist das Ziel, die Prozesse im Urwald zu verstehen – und auf diese Weise von der Natur möglichst viel zu lernen.

[/tab] [tab name=’ÖKOREGION KARPATEN‘] Nicht nur die ukrainischen Karpaten, sondern der gesamte Karpatenbogen ist ein Naturerbe von weltweiter Bedeutung, das es zu erhalten gilt. Die Karpaten bilden mit 200000 uadratkilometern die grösste Gebirgskette in Europa. 1999 stellte der WWF fest, dass es internationale Anstrengungen braucht, um die biologische Vielfalt in den Karpaten wirksam zu schützen. Weltweit identifizierte der WWF 200 Regionen, die für die Erhaltung der iodiversität besonders wichtig sind. Durch den Schutz dieser Ökoregionen lassen sich 90 Prozent der Artenvielfalt unseres Planeten erhalten. Zu diesen «Global 200» gehören auch die Karpaten.

den Schutz der Ökosysteme sowie die nachhaltige Entwicklung der gesamten Karpatenregion zum Ziel. Dem WWF ist es gelungen, über 50 Organisationen für dieses Projekt zu gewinnen. Die Ukraine ist mit dem Karpaten-Biosphärenreservat und fünf weiteren Organisationen vertreten. Ein erstes Ergebnis der Initiative ist die Identifikation von 30 Gebieten in den gesamten Karpaten, die für die Erhaltung der biologischen Vielfalt besonders wichtig sind. Dazu zählt auch das Marmarosch-gebiet an der Grenze zu Rumänien. Deshalb bestehen Pläne, das Biosphärenreservat dort zu erweitern. Die Initiative geniesst die Unterstützung der höchsten politischen Stellen der beteiligten Länder. Dank einem partizipativen Ansatz wird die Bevölkerung in den Prozess einbezogen. Damit wird auch anerkannt, dass es sich bei den Karpaten um eine Kulturlandschaft handelt, in der rund 17 Millionen Menschen leben.