Die Bergen Karpaten schmecken nach Käse

Die Bergen Karpaten schmecken nach Käse

Der Gebirgszug Kostrytsch, der im Werchowyna Kreis (ukr. Werchowynskyj rajon) liegt, ist niedrig und ganz kurz, sodass die Fans vom sportlichen Wandern in Bergen enttäuscht werden können.

Aber diejenige, die nach der Romantik der Karpatenbergen suchen, werden hier genau richtig sein. Dessen Schönheiten sind unbeschreibbar! Und ob, der Kostrytsch liegt direkt neben dem Tschornogirskyj Gebirgszug. Man hat das Gefühl, man zieht die Hand nach rechts, und kann gleich ein Wolkenstück von der Howerlas Spitze nehmen; nach links – man kann die Sternwarte auf dem Berg Pip Iwan berühren. Wenn das Wetter gut ist, man kann die Reflektionen vom Tel des Sees Nesamowyte. Aber das Wetter ist launisch hier. Dieses Mal ist auch so: gerade eben schien die Sonne, als plötzlich zieht es eine schwarze Wolke über den Gebirgszug. Da wird es hier gleich ein Regenguss! Wir laufen schnell und sind auf dem Weg nach Polonina (ukr. Polonyna, de. Bergweide). Hier ist Kolyba (das Haus im Bergen von Hirten und Holzfällern für die Saison-Arbeit)! Jetzt sind wir sicher und trocken! Über die Polonyna und bis zum Himmel kann man die fröhliche Glocke von der Schafherde hören. Da sind die Schafe. Der Schafstall liegt ca. 100 Meter von dem Haus höher. Na dann los – das Gewitter trieb uns die Schäfer zu besuchen.

Banosch mit dem Rauch

„Gott hilf!“ (ukr. Bozhe pomagaj) – begrüßen wir beim Betreten des Kolybas. „Ebenso“ (ukr. i vam daj Bozhe),- hören wir die Antwort. Nach dem hellen Tageslicht gewöhnen sich die Augen einigen Minuten zur Dunkelheit in Kolyba. Es gibt keine Fenster hier. Die Lichtstrahlen zeigen sich durch die Risse in den Wänden und einem witzigen Lochlein in dem Dach. Durch die gleichen Risse tritt der Rauch vom Feuer aus dem Haus hinaus. Der Feuer brennt direkt auf dem Boden – man hat dafür extra ein Teil vom hölzernen Boden entnommen. Im Haus gibt es nur ein sehr langer Tisch, zwei Bänke und Holzbretter, auf den die Schäfer schlafen, wenn sie die schmutzigen Lizhnyk (der dicke Teppich aus Wolle)und alten Koz (der Teppich aus Wolle) drauf legen. Auf den Wänden sind die Sachen von Schäfern – Bekleidung und andere hilfreichen Dinge. Das einzige, was an die moderne Zeit sich erinnert, ist das Radio, das sich stillschweigend in einer Ecke versteckt.
Die Bergen Karpaten schmecken nach Käse

Neben dem Kessel zaubert der Schäfer Wasyl. Er rührt mit dem rissigen Löffel aus Holz Banosch. Der echte ist nur derjenige, der nach Rauch riecht und auf dem Feuer gekocht wurde. Und noch was – der Löffel muss unbedingt aus dem Holz sein, weil ein metallischer Löffel den Geschmack verdirbt. Das ist das Testament von der guzulischen Küche.

„Wir sind sieben Männer hier“,- erzählt Wasyl,- „fast alle sind aus Kosmatsch. Wir haben ca. 400 Schafe, ein Paar Zehnteln von Kühen und die Pferde. Der Schäfer dreht den Kessel um sodass der dichte Inhalt auf eine spezielle Platte aus Holz gelangt. Dann bringt er das alles auf den Tisch – es ist gelbe dampfende „Brot“ von Banosch und daneben ist ein Eimerchen mit Milch. Das Essen ist fertig!

Ich bin hier großgewachsen…

In einigen Minuten öffnete sich die Tür und die anderen Schäfer gehen ins Kolyba. Jeder von denen hat zwei Eimer mit Milch dabei. Die Jungs gießen die frische Milchleistung in den riesigen Kessel aus. Alle Bewegungen sind absolut klar und übereinstimmend und man denkt, das ist eine Art von Zauberei oder ein neuer Film von Paradzhanow, falls so einen entstehen würde. Nur die Gerüche bringen uns zum Realität – es riecht nach dem Rauch und dem warmen Milch. Da ist sie – die Authentizität, nach der die Regisseure der ganzen Welt suchen. Diese Szenen sind schon nicht durch mehrere Doubeln wiederholt, sondern im Laufe vielen-vielen Jahrhunderten.
Die Bergen Karpaten schmecken nach Käse

Zwischen diesen Männern erkennen wir einen – Watag (der Leiter der Schäfer). Er zeichnet sich nicht durch den Alter aus, sondern durch seine Haltung als der Wirt. Das Kolyba ist eigentlich geräumig und sehr sauber. Die Ordnung herrscht hier. Man sieht, hier gibt es ein guter Gazda (de.Wirt). Der Watag Mykola ist schon 30 Jahre als Schäfer beschäftigt, 16 von denen ist er auf der Polonyna von Kostrytsch.

„Wenn ich in der dritten Klasse war, hat mich mein Vater auf die Polonyna mitgenommen. Jetzt ist mein Sohn auch hier“- erzählt Mykola. Diese Wiese ist gut, geräumig und man kann nie und nirgendwo noch eine gleiche Wiese finden. Es gibt nur einziger Nachteil, sie ist sehr windig.

„Ist es Ihnen nicht langweilig hier?“ – Stellte ich die typische Frage einer Stadtbewohnerin. Das geheimnisvolle Grinsen von Watag blieb mir die einzige Antwort darauf, und dann um mich vielleicht schon sicher zu überzeugen ergänzte er: „Nein, ich bin hier großgewachsen“.

Die Käse-Lehre

Wie nach dem unsichtbaren Befehl setzen sich die Schäfer zum Tisch. Sie bieten ganz herzlich den Gästen den Käse an. Budz und Wurda sind köstlich, Brimsen haben sie noch nicht, sie hatten keine Zeit dies vorbereiten. Sie bieten uns auch Banosch an. Wir halten unseren Appetit fest, weil das „Brot“ für die sieben Männer sehr klein aussieht. Sie essen fröhlich aber schnell – man darf nicht die Zeit verschwenden. Man muss drei Mal am Tag jedes Schaf melken und auch zwei Mal am Tag jedes Kuh melken. Außerdem müssen sie noch das Essen kochen, das Wasser bringen, die Hölzer hacken, die Schafherde morgens zur Wiese bringen und abends abholen. Und das wichtigste – der Käse kochen. Sie machen das täglich während der 4 Monaten des Sommers auf Polonyna – von Mai bis Mitte September.
Die Bergen Karpaten schmecken nach Käse

Um ehrlich zu sein, jetzt ist ein bisschen einfacher als früher. Anstatt der Axt, benutzt man die elektrische Säge. Es war früher ein großes Unglück, wenn der Feuer sich löscht. Trembita ist nicht konkurrenzfähig mit einem Handy. Anstatt Fajky rauchen die Schäfer ganz normale Zigaretten.

Die Jungs vorbereiten den Kessel für die neue Portion von Käse. Um ihn über dem Feuer zu hängen, hoben ihn die drei Männer zusammen. Es ist kein Wunder, bei jeder Melkzeit gibt die Schafherde 15 Eimer, jeder von dem ist 15 Liter. Um dieses Milch zu kochen, braucht man zwei Kesseln. Man muss zum Milch eine „Starterkultur“ – aus dem Magen eines jungen Kalb – hinzugeben. Dann ein wenig erwärmen, der erste Käse entnehmen und ihn im Mull hängen lassen (damit die Flüssigkeit abließen könnte). Wenn sie lief ab, stellt man das „Brot“ aus dem Käse unter ein Dach.

Wenn man dies räuchern lässt, dann bekommt man Budz („das Brot aus der Polonyna“). Wenn man dies mit dem Salz reibt, dann bekommt man Brimsen. Aus der Molke, die im Kessel bleibt, kocht man Wurda – das ist auch ein Käse, aber süß. Das Fett aus der Milch kann man mit dem Brot essen. Es ist schade, Wurda ist nicht lange haltbar, aber Brimsen kann ruhig zumindest halbes Jahr frisch bleiben.

Der echte Brimsen kann man nur hier auf der Polonyna finden. Vielleicht auch während des Festivals von Schäfern. „Der echte Brimsen ist nur von einer Polonyna – sagt der Wirt – Einige Leute machen den Brimsen unten, aber das ist falsch. Der Brimsen braucht Zeit und Rauch. Alles, was man in den Städten verkauft, es kann nicht als „Brimsen“ bezeichnet werden. Heutzutage versteht man nicht, was das Echte bedeuten vermag…“

Wir sind im Kolyba und es donnert draußen. Die Jungs ziehen ihre Regenjacken an und gehen weiter – sie müssen die Schafherde zurück bringen. Wir aber, füllen unsere Taschen mit dem einzigartigen Käse ein.